Was hat das "Museum zwischen Pflug und Korn" mit Essen (Nahrungsaufnahme) zu tun ?

Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass viele der angesagten, neuartigen Lebensmittel nur deswegen teurer sind, weil ihnen – quasi chirurgisch – Teile entnommen worden sind? Gluten, Fette, etc. Ein Wort wie "Laktoseintoleranz" erregt Aufmerksamkeit. Modeerscheinung, Food-trend, Ersatzreligion, von allem etwas?

Dennoch, Vor- und Rücksicht ist geboten. Von echten Lebensmittelallergien betroffene Leute würden niemals so lauthals von sich und ihren Beschwerden berichten. Oder gar sich darüber lustig machen. Geht überhaupt nicht, diese Leute haben ernste Probleme.

Unbestritten bleibt, dass die Distanz vom Bauernhof bis zum Teller der Konsumentin immer grösser wird. Was wenig erstaunt, wenn immer mehr Leute in der Stadt wohnen. Grob vereinfacht entsteht dieser Zusammenhang: Wer als Kind auf dem Land aufgewachsen ist, mit Getreidestaub, mit der duftgeschwängerten Ausdünstung von Kühen, Schweinen, Hühnern, faulen Aepfeln ist weniger empfindlich. Früher selbstverständlich aufgebaute Immunitäten fehlen.

Als Folge ist der Körper häufig nicht mehr in der Lage, bei Zeiten die Präsenz allergener Stoffe in der Nahrung, bzw. in der Umgebung abzuwehren. Vor ein paar Jahren kursierte die Aussage eines französischen Kinderarztes in der Presse: "Wenn Eltern ihr nacktes Kleinkind einmal auf dem Boden einer Pariser Métro rund herum drehten, es wäre für sein Leben immunisiert…"

So, und jetzt?

Wie kommt da ein Bezug zwischen Nahrungsmittelunverträglichkeit und einer Einrichtung wie dem "Museum zwischen Pflug und Korn" zustande? Bestimmt nicht mit einem Hinweis auf "früher war alles besser". Schon eher mit einem bescheidenen Beitrag zur geschichtlichen Entwicklung der Ernährungswirtschaft.

Wo vor weniger als 100 Jahren Weizenkörner noch durch die fleissigen Hände der Bauersleute gingen, Milch von Hand aus den Kuheutern in einen offenen Kessel gemolken wurde, arbeiten heute Maschinen. Das Produkt der Bauernarbeit fliesst und rinnt, unsichtbar. Vom Mähdrescher aus den Aehren befreit fliessen die Körner binnen weniger Minuten in eine Lademulde und von da ins Getreidelager einer Mühle. Die Milch wird von der Melkmaschine abgesaugt, fliesst in einen Kühltank, von dort  per Tanklastwagen in die Molkerei.

Steril verpackt im Regal oder Kühlfach im Supermarkt wird – was einmal Weizen oder Milch war – kurz vor dem Verzehr als Mehl, Brot oder Kuchen, Quark, Milch, Käse erstmals sichtbar.

Die landwirtschaftlichen Arbeitsabläufe haben sich – zugegebenermassen – immer noch an der Natur auszurichten. Geerntet wird, was reif ist; eine Kuh, die keine Milch gibt, lässt sich nicht melken. Der unverkennbare Einfluss von Wissen und Technik der letzten 150 Jahre hat die Leistung jeder in der Landwirtschaft beschäftigten Person um das 30-fache gesteigert. Ein Produktivitätsfortschritt, der in keiner anderen Branche auch nur annähernd erreicht wurde. Noch 1950 arbeiteten 20% der Schweizer in der Landwirtschaft. Heute sind es noch 2% (Historisches Lexikon der Schweiz). Daran zu erinnern, das ist die Botschaft des "Museums zwischen Pflug und Korn".

Übrigens: Beat Kappeler rechnet vor, dass die Gold-Parität von Brot seit vorchristlichen Zeiten unverändert sei: 1 Unze Gold kauft 300kg Brot ("NZZ" vom 4.4.2023).

Weitere Beiträge

Herkunft und Funktion des ausgestellten Bindemähers